"Herr Pohlmann, warum ist die Zahl der Geschädigten so immens hoch, wie kommen 18 Mio. Zugangsdaten zusammen?"
Prof. Norbert Pohlmann: "Wir haben viel zu viel Malware auf unseren Computern. Malware ist Schadsoftware, die auf unseren Computern läuft und von kriminellen Organisationen flexibel und aus der Ferne genutzt werden kann. Mit dieser Schadsoftware können kriminelle Organisationen Spam versenden, Daten von unseren Computern auslesen, Eingaben durch die Tastatur mitlesen und an sogenannte Drop-Zone senden (Key-Logger), Klicks im Internet veranlassen, mit denen Geld erzielt werden kann, Erpressungen durchführen, Distributed Denial of Service (DDoS) umsetzen und noch weitere Cyberangriffe anwenden. Sogenannte Key-Logger lesen alles mit, was von uns mit Hilfe der Tastatur eingegeben wird."
"Warum sind unsere Tastatureingaben für Kriminelle interessant?"
Prof. Norbert Pohlmann: "Das besonders Interessante bei den Tastatureingaben sind in der Regel Zugangsdaten. Mit diesen Zugangsdaten (Benutzer-Identitäten und Passwörter) können die kriminellen Organisationen das tun, was sie sonst machen: Bei Amazon oder anderen Geschäften einkaufen, Flüge bestellen oder umbuchen, E-Mails schreiben, in sozialen Netzwerken wie Facebook Aktivitäten posten oder beispielsweise Geldgeschäfte erledigen. Wichtig zu verstehen ist, dass diese Art des Angriffes möglich ist, egal wie gut das Passwort gewählt ist."
"Aber wie können wir uns dann überhaupt noch schützen?"
Prof. Norbert Pohlmann: "Wir müssen uns sehr sensibel im Internet bewegen, nicht auf jeden Anhang in E-Mails klicken, nicht auf jeden Link im Internet klicken, Anti-Malware-Produkte nutzen und regelmäßig updaten, Firewall-Systeme nutzen und regelmäßig updaten. Wir sollten fremde Kontakte immer hinterfragen, nicht auf Phishing-Angriffe hereinfallen, skeptisch bei kostenlosen Angeboten sein."
"Und wenn ich nun zu den Geschädigten gehöre, was muss ich tun, wenn meine Passwörter schon geklaut worden sind?"
Prof. Norbert Pohlmann: "Auch wenn es aufwändig ist: Wir müssen bei allen Internet-Diensten die genutzten Passwörter wechseln!"
"Was kann aus Ihrer Sicht die Bundesrepublik tun?"
Prof. Norbert Pohlmann: "Wir müssen immer wieder erkennen, dass die Bürger als Internet-Nutzer noch nicht die Kompetenz haben, die notwendig ist, um sich angemessen im Internet zu bewegen.
Daher muss die Aufklärung der Bürger weiter vorangetrieben werden. Im Straßenverkehr klärten die Spots „Der 7. Sinn“ auf. So etwas brauchen wir auch für das Internet, wie z.B. Der 7. Sinn für das Internet. Wir brauchen bessere IT und -Sicherheitstechnologien. In der Forschung sind wir schon viel weiter und haben Architekturen, Prinzipien und Mechanismen, die deutlich mehr IT-Sicherheit bieten können. Es müssen moderne, innovative sowie viel sicherere und vertrauenswürdigere IT-Systeme in Unternehmen, Organisation und für die Internet-Nutzer eingesetzt werden."
Wie weit die Forschung bereits ist und welche Technologien vertrauenswürdig sind, sehen Sie hier: http://www.internet-sicherheit.de/forschung/aktuelle-forschungsprojekte/trusted-computing/motivation/motivation/ Tipps zum sicheren Umgang im Internet gibt es zusammengefasst als kostenlosen Buchdownload:http://www.internet-sicherheit.de/institut/buch-sicher-im-internet/das-buch/
Über 18 Millionen Geschädigte: Wie können wir uns vor Datenklau schützen? – Sicherheitsexperte Prof. Pohlmann vom Institut für Internet-Sicherheit zur aktuellen Lage im Interview
