News-Mitteilungen

Fake News im Netz: Das Spiel mit der Lüge

16_12_13_fakenews.png
In dieser Woche sorgte Grünen-Politikerin Renate Künast für Aufregung, ohne selbst etwas gesagt zu haben. In der Süddeutschen Zeitung soll sie verständnisvoll zur Hilfe für den Verdächtigen im Freiburger Mordfall Maria L. aufgerufen haben. Dies behauptete zumindest ein Posting, das auf Facebook die Runde machte und für viel Empörung im Social Network sorgte. Doch: Renate Künast streitet ab, jemals diese Äußerung getätigt zu haben. Die Süddeutsche Zeitung bestätigt sie darin. Nie hätten sie diese Zeilen gedruckt.
Ein falsches Zitat, eine falsche Quelle, ein Bild von Renate Künast. Mehr brauchte es nicht, um die Politikerin bei tausenden Menschen in sozialen Netzwerken in Verruf zu bringen. Die Politikerin ist längst nicht das erste Opfer von Fake News, deren Aufkommen und Verbreitung in diesem Jahr dramatisch gestiegen ist. Besonders auf rechten Facebook-Seiten werden zahlreiche Falschmeldungen in Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise geteilt. Auch der US-Wahlkampf war geprägt von Meldungen und Statistiken, die sich oft als unwahr erwiesen, ihre Wirkung aber nicht verfehlten. Die Ersteller der Fake News setzen auf Emotionen. Sie wollen mit teils drastischen Formulierungen und Behauptungen Angst und Wut in den Lesern wecken, denn wer hoch emotionalisiert ist, prüft nicht mehr den Wahrheitsgehalt einer Meldung.
Renate Künast hat Anzeige erstattet und zieht auch Facebook in die Mitverantwortung, das solche Meldungen nur unzureichend prüft und somit einen fruchtbaren Nährboden für Fake News bietet. Bei den Printmedien sorgen professionelle Reporter dafür, Fake News von echten News zu unterscheiden, bei Facebook muss das jeder Nutzer selber tun. Daher haben wir bei Facebook eine neue Herausforderung, die nicht so leicht zu lösen ist. Der Konzern will mit Algorithmen dagegenhalten, die Fake News zukünftig erkennen sollen. Prof. Norbert Pohlmann, Leiter des Instituts für Internet-Sicherheit, bezweifelt aber die Wirksamkeit der Technik: „Im Gegensatz zu Bildfiltern, die Bilder durch intelligente Algorithmen mit bestehenden Beispielen vergleichen können und somit zuverlässig Merkmale wie etwa Pornografie erkennen, ist es bei Texten nicht so einfach, den Wahrheitsgehalt zu messen. Software kann nur schwer Quellen verifizieren. Die Lüge erkennt nur der Mensch.“ Die Überprüfung müsse daher redaktionell erfolgen, was bei mehr als einer Milliarde Nutzer weltweit einen riesigen Personalaufwand erfordern würde. Dass aber etwas gegen die Falschmeldungen unternommen werden muss, ist klar. Sie bringen Einzelpersonen oder gar ganze Volksgruppen in Verruf und bergen zusätzlich ein Sicherheitsrisiko: Längst haben Kriminelle die Anziehungskraft hinter den Falschmeldungen erkannt und tarnen Phishing-Versuche in sozialen Medien hinter angeblich seriösen Nachrichtenmeldungen. Hinter dem klick lauern dann unseriöse Angebot oder Schadsoftware.
Zur Verteilung von Fake News tragen auch Bot-Netze bei. Die Bots, ein Software,  sind mit falschen Accounts von jungen und schönen Nutzern in den Netzwerken angemeldet und teilen, liken und kommentieren sehr schnell und automatisch was die Betreiber der Bots dahinter ihnen auftragen. So kann eine Falschmeldung schnell sehr weit verbreitet werden. „Fake-Accounts von Bots können anhand von wiederkehrenden Verhaltensmustern auch mit Algorithmen besser erkannt und gelöscht werden.“  Es liegt an den Sozialen Netzwerken, dies auch umzusetzen.
Das Spiel mit der Lüge wird die Gesellschaft noch lange beschäftigen, schließlich stehen im nächsten Jahr wieder Wahlen an und der Wunsch nach Einflussnahme – auch mit illegalen Mitteln – ist bei vielen Menschen, Organisationen und anderen Staaten groß. Der Handlungsbedarf ist also da und die Politik muss den Druck auf die Netzwerke verstärken. Die Langzeitfolgen dieser gezielten Desinformation sind noch nicht abzusehen, doch schon jetzt lässt sich der steigende Hass in den Netzwerken beobachten. Facebook ist als Informationsquelle von wichtigen Nachrichten für unsere Gesellschaft heute eine große Bedrohung, für die wir schnell eine Lösung finden müssen.
Prof. Norbert Pohlmann in der Aktuellen Stunde im WDR zum Thema:
http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/aktuelle-stunde/video-aktuelle-stunde-1408.html

WEITERE
ARTIKEL